Behind the Door #4 – Skurrilum St. Pauli – Interview

Wieder einmal nutzen wir die Chance hinter die Türen eines Escape Room Anbieters zu schauen. Nachdem wir uns bei Skurrilum haben verzaubern lassen, wollten wir natürlich genauer wissen, was die Köpfe hinter den fantastischen Räumen (Malvinis Vermächtnis und Guschis geile Grotte) umtreibt. Lukas stand uns hier stellvertretend Rede und Antwort.

Erzähle bitte kurz etwas über Dich und deine Räume.

Wir sind drei ewige Spiel-Kinder vom Schmidt-Theater auf der Reeperbahn und produzieren im richtigen Leben Musicals. Als wir 2014 unser erstes Escape-Game in Berlin gespielt haben, war sofort klar: Das wollen wir auch, aber mit richtigen Bühnenbildern, Sound- und Lichteffekten und einer plausiblen Story. Außerdem hatten wir keinen Bock auf die gängigen Themen, wie “Krankenhaus”, “Bomben-Irgendwas” oder “Mördersuche”. Es sollten eigenständige, skurrile, lustige kleine Geschichten entstehen. Seit Ende 2015 betreiben wir drei Räume auf St. Pauli – ein Zauberzimmer der 20er-Jahre mit Totenbeschwörungen und vielen, bunten Bühnentricks, eine verlassene Karibikinsel voller Sand und alter Schätze und Guschis geile Grotte – eine schmuddelige Kiezkneipe mit Hinterzimmer, irgendwann vor der Wende.

Malvinis Vermächtnis - Skurrilum St. Pauli

Malvinis Vermächtnis – Skurrilum St. Pauli

Was fasziniert dich an Escape Rooms?

Escape-Rooms sind wie Theaterstücke ohne Schauspieler. Als Autoren entwickeln wir eine Dramaturgie, die zwar feste Eckpfeiler hat, hauptsächliuch aber auf psychologischen Annahmen basiert. Superspannend! Unsere Spielleiter sind in verschiedenen Rollen (z.B. am Telefon) ins Spielgeschehen integriert und haben die Freiheit zur Improvisation. Unsere Kollegin Carola, selbst Schauspielerin, drückt beispielsweise gern eine laute Polizeisirene und zwingt die Teams dazu, sich flach auf den Boden zu legen oder in Schränken zu verstecken – einfach, weil sie es lustig findet. Sowas lieben wir!

Wieviel Räume hast du schon gespielt und welcher Raum ist dein Favorit?

Jetzt muss ich mich zum zweiten Mal in meinem Leben outen: Wenige! Ich selbst habe genau 10 Räume gespielt – absoluter Sieger war (Überraschung!) Humboldt von The Room aus Berlin. Bisher hat mich aber auch nur ein Anbieter, dessen Name an dieser Stelle nicht genannt wird, sehr enttäuscht. Alle anderen waren immer unterhaltsam! Man muss allerdings zwischen purem Rätselspaß ohne großen Aufwand und einem professionellen, Entertainment-Angebot auf internationalem Niveau (wie z.B. bei The Room) unterscheiden. Zukünftig werden wir mit großen Lizenzprodukten konkurrieren – und gegen Harry Potter stinkt ein IKEA-Regal mit Zahlenschloss einfach gewaltig ab.

In welchen Ländern hast du die Räume gespielt und was zeichnet deinen Lieblingsraum aus?

Ich war bisher in Deutschland, England und Spanien unterwegs und eigentlich zählt nur eine Frage: Hab ich mich gelangweilt? Wenn ja, dann hat das Spiel versagt. Die Qualität der Rätsel ist da erstmal zweitrangig. Ich will die Realität komplett vergessen und ein Mini-Universum betreten, dass mich eine Stunde lang überzeugt und unterhält.

Was unterscheidet deine Räume von anderen Räumen und was hast du für die Zukunft geplant?

Wir unterscheiden uns von anderen Anbietern durch zwei Faktoren:

1) Keine Verlierer, keine Enttäuschung. Bei uns gibt es kaum Spieler:innen, die das Spiel nicht beenden. Unsere Räume sind so gestrickt, dass der Spielleiter sie während des Spiels vereinfachen und helfen kann, wenn es nötig ist. Natürlich haben Profi-Gamer aber auch die Möglichkeit, komplett ohne Tipps zu spielen – und die Räume sind generell auch nicht einfach. Wir wollen aber, dass jeder Spieler:innen das gesamte Erlebnis hat und die komplette Story durchlebt.

2) Keine Uhr. Es gibt keine offensichtliche Uhr, die den Spieler:innenn anzeigt, wieviel Zeit sie noch haben. Wir steuern das nach Bauchgefühl und geben gern auch mehr als 60 Minuten.

Im Dezember 2016 eröffnen wir unseren neuesten Raum: Geisterjäger Ernie Hudson, eine kleine Weltneuheit, denn er ist die erste Mischung aus Escape-Game und Hörspiel – mit mehr als fünf verschiedenen Schauplätzen und einer ausgeklügelten Story im Stil von „Die drei ???“. 2017 kommt  ein fünftes Game dazu. Das Thema ist noch geheim.

Guschis Geile Grotte - Skurrilum St. Pauli

Guschis Geile Grotte – Skurrilum St. Pauli

Was ist für Dich in einem Escape Room wichtig?

In mindestens 40% unserer Feedbacks werden unsere Spielleiter von den Kundenexplizit erwähnt – oftmals sogar namentlich. Das zeigt: empathisches, professionelles Personal ist einer der Schlüssel zum Erfolg für ein gutes Spiel. Außerdem ist die Glaubwürdigkeit des Bühnenbildes extrem wichtig – wir sind nicht beim Film und können leider nicht Schummeln. Jedes Detail muss stimmen – je mehr Kram in den Räumen steht, desto besser.

Was glaubst du in welche Richtung sich Escape Rooms entwickeln werden?

Es wird ein technisches Wettrüsten geben, das mich jetzt schon langweilt. Wer ernsthaft daran glaubt, dass virtual Reality alle haptischen Games platt machen wird, der hat nicht verstanden, warum die Menschen überhaupt zu uns kommen: weil sie ihre Bildschirme aus-, und ihre Gehirne anschalten müssen. Echte Requisiten, der Geruch von Rauch und mechanische Spiele üben schon seit Jahrhunderten eine totale Faszination aus – das wird sich nicht ändern, nur weil die Leute gerade wieder gerne 3D-Brillen tragen. VR ist – wenn überhaupt – wohl nur für die Pornoindustrie interessant.

Langfristig werden Anbieter, die mit Herzblut bei der Sache sind und ein künstlerisches Erlebnis bieten, die Nase vorn haben. Ich glaube an ein vielfältiges Angebot mit unterschiedlichen Schwerpunkten – ähnlich wie beim Theater. Mal hat man Bock auf Lachen, mal möchte man sich einen ernsteren Stoff gönnen.

Welchen Tipp hast du für Spieler:innen?

Vergesst einfach, dass ihr erwachsene Menschen seid. Das hilft ungemein.

Website: www.skurrilum.de

Skurillum Räume
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Zu den letzten Behind the Door Interviews mit Chris von The Room, Heiner von Berlin Escape und Marc von Team X.

1 Antwort

  1. 10. September 2016

    […] Macher hinter Skurrilum sind – wie sie sich selbst bezeichnen – „drei ewige Spiel-Kinder vom Schmidt-Theater auf der Reeperbahn und produzieren im richtigen Leben… Und diese Leidenschaft für das Erzählen von Geschichten merkt man auch ihren Räumen […]

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